Die Analyse der Marchenmotive in "Die Verwandlung" von Franz Kafka sollte unter dem Primat des Antimarchens erfolgen. Wenn die schlagartige Verwandlung eines Menschen in ein Tier ein Marchenzug ist, dann gilt das Mißlingen einer Erlosung des ins Ungeziefer verwandelten Helden als ein Antimarchenmerkmal. Wahrend fur die meisten Marchen das gute Ende gewahlt wird, obwohl ein trugerisches Happyend nicht mehr Darstellungsgegenstand von Dichtungen sein kann, schließt "Die Verwandlung" mit dem Tod des Protagonisten ab. Konnte man den Terminus 'Antimarchen' als ein Marchen mit unglucklichem Ausgang ubersetzen, dann wurde "Die Verwandlung" als Antimarchen und als tragisches Marchen bezeichnet werden. Außerdem erscheint marchenhaft, daß Gregor Samsa sich keine Gedanken uber seine wunderbare Verwandlung macht. Antimarchenhaft ist es dagegen, daß er seine Lage uberhaupt reflektiert. Die Verwandlung ist eines der spezifischen Marchenmerkmale; die meisten Marchenhelden verwandeln sich extrem und mechanistisch in Tiere, um das Ziel der Marchenhandlung zu erfullen. "Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Traumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheuren Ungeziefer verwandelt. (…) Es war kein Traum." (39) Die Tatsache, daß Gregor sich in einen Kafer verwandelt hat, scheint dem verwandelten, herkommlichen Marchenhelden zu gleichen. Aber Gregor verfehlt die Richtung, die er einschlagen mochte; und er kippt um, weil er den Schwerpunkt des Rumpfs mißachtet; und die unabsehbar vielen Beinehen entziehen sich seiner Kontrolle. D. h., wahrend sich die verwandelten, herkommlichen Marchenhelden muhelos als Bar, Fuchs, Hase oder Vogel bewegen konnen, kann Gregor tatsachlich den ungefugen Kaferkorper nicht recht koordinieren. Dies ist der Verwandlungsunterschied zwischen Gregor und herkommlichen Marchenhelden. Wenn die Verwandlung im Marchen als ein Erlosungsmittel gilt - z. B. in einem litauischen Marchen spricht der Wolf zum Dummling: "Schlachte mich! Dann wird sich mein Leib in einen Kahn, meine Zunge in ein Ruder, meine Eingeweide werden sich in drei Kleider, drei Paar Schuhe und drei Ringe verwandeln." Spater, als der Dummling alle diese Dinge benutzt hat, wird der Wolf wieder lebendig und tragt ihn und seine Prinnzessin an ihr Ziel (Luthi 36)-, ist die Verwandlung Gregors zwecklos; denn er kann hier niemanden erlosen noch selber erlost werden, sondern er muß verschwinden. Wahrend es außerdem marchenhaft erscheint, daß Gregor sich keine Gedanken macht uber das Wunder, das ihn traf, ist es antimarchenhaft, daß er uberhaupt seine Lage bedenkt: "'Ach Gott', dachte er, 'was fur einen anstrengenden Beruf habe ich gewahlt! Tag aus, Tag ein auf der Reise. Die geschaftlichen Aufregungen sind viel großer, als im eigentlichen Geschaft zu Hause, und außerdem ist mir noch diese Plage des Reisens auferlegt, die Sorgen um die Zugangschlusse, das unregelmaßige, schlechte Essen, ein immer wechselnder, nie andauernder, nie herzlich werdender menschlicher Verkehr. Der Teufel soll das alles holen!" (40) D. h. die Verwandlung Gregors ereignet sich in dieser Alltagswelt, wahrend sich die Verwandlung der herkommlichen Marchenhelden in der Phantasiewelt entwickelt. In diesem Sinne konnte man sagen, die Verwandlung Gregors sei antimarchenhaft. Wie geschrieben; obwohl ein trugerisches Happyend nicht mehr Darstellungsgegenstand von Dichtungen sein kann, wird das gute Ende fur die meisten, herkommlichen Marchen gewahlt. Aber "Die Verwandlung" Kafkas schließt mit dem Tod des Protagonisten ab: "Den verfaulten Apfel in seinem Rucken und die entzundete Umgebung, die ganz von weichem Staub bedeckt war, spurte er schon kaum. An seine Familie dachte er mit Ruhrung und Liebe zuruck. Seine Meinung daruber, daß er verschwinden musse, war womoglich noch entschiedener, als die seiner Schwester. In diesem Zustand leeren und friedlichen Nachdenkens blieb er, bis die Turmuhr die dritte Morgenstunde schlug. Den Anfang des allgemeinen Hellerwerdens draußen vor dem Fenster erlebte er noch. Dann sank sein Kopf ohne seinen Willen ganzlich nieder, und aus seinen Nustern stromte sein letzter Atem schwach hervor." (89) Durch das Wurfgeschoß des Vaters, der ihn in sein entmenschlichtes Zimmer zurtickdrangen wollte, namlich durch den todlichen Apfel wird Gregor dahingesiecht und schließlich krepiert. Wenn man das Antimarchen als ein Marchen mit unglucklichem Ausgang bezeichnen konnte, dann Wurde dieser tragische Tod als antimarchenhaft gelten. Wahrend die herkommlichen, verwandelten Marchenhelden sich nach der Aufgabenlosung wieder in die eigentlichen Gestalten verwandeln, krepiert der ins Ungeziefer verwandelte Held, Gregor, ohne Uberwindungsvermogen der Verwandlung; dieses Mißlingen einer Entzauberung bzw. Erlosung des ins Tier verwandelten Menschen ist ein Antimarchenmerkmal. Obwohl Gregor seiner Familie (Vater, Mutter, Schwester) ein schones Leben verschafft hat, indem er sich selbst opferte und sich ans Geschaft verkaufte, zeigt es sich nun, daß Gregors Opfer im Grunde sinnlos war; denn der Vater besaß mehr Geld als Gregor wußte (63) und er hatte sogar noch arbeiten konnen (73). Daher lebt der Vater auf, sobald der Sohn die alte Rolle verliert, indem er, als Kafer, aus dem eingespielten Arbeits- und Familienverkehr herausfallt. D. h. Gregors Familie, also jene fatalen Vater, Stiefmutter und Hexen im Marchen, verleugnen ihren verwandelten Gregor nicht nur, sondern fuhren auch seinen tragischen Tod herbei. Obwohl vielen Interpreten den Sinn der Verwandlung in symbolischen, allegorischen, parabolischen, gleichnishaften und anderweitig festgelegten Begriffen bestimmt haben - z. B. fur H. Kaiser ist die Verwandlung eine "Art Selbstbestrafung fur das vorausgehende, gegen den Vater gerichtete Konkurrenzstreben, ein Sich-Zuruckziehen aus der anspruchsvollen genitalen Position" (Beicken 262); fur P. L. Landsberg ist sie "die Manifestierung des Todestriebes" (Ebd.): fur C. Neider ist sie "Manifestation des masochistischen Selbsthasses eines Parasiten der Familie" (Ebd.): fur H. Tauber ist sie der "Ekel vor sich selbst" (Ebd.): fur Sokel ist sie "Ausdruck des inneren Konflikts" (Ebd.); fur H. Richter ist sie "Ausdruck des menschlichen Scheiterns" (Beicken 265); fur B. v. Wiese ist sie ein "Scheitern des isolierten Selbst" (Beicken 266); fur P. U. Beicken wird der "Sinn der Verwandlung nirgends ausdrucklich festgestellt" (Beicken 261) -, sollte der Sinn der Verwandlung im marchenhaften Motiv erklart werden: die Verwandlung eines Menschen in ein Tier ist ein Marchenzug. Demnach zeigt es sich, daß das Mißlingen der Erlosung des ins Ungeziefer verwandelten Helden, Gregor, als ein Antimarchenmerkmal gilt, weil fur die meisten Marchen das gute Ende gewahlt wird.
AI 요약
연구주제
연구배경
연구방법
연구결과
주요내용
목차
Ⅰ. 서론 Ⅱ. 그레고르와 전통적인 동화주인공 사이에 변신의 차이 Ⅲ. 구원의 실패 Ⅳ. 결론 참고문헌 Zusammenfassung